„Orientierungsraum Landschaft“

Über das Projekt:

Die Überschrift ORIENTIERUNGSRAUM LANDSCHAFT liefert den Schlüssel für die Aufgabenstellung des Projektes. Aber schon indem wir die Überschrift lesen, stellt sich die Frage, ob hier nicht lediglich ein allgemeiner Zusammenhang konstatiert wird, über den wir uns längst im Klaren sind. Wo wäre dann die Aufgabe?

Unser Bewusstsein für den Stellenwert der Beziehung der Menschen zur Landschaft und Natur hat sich mindestens seit der Aufklärung gebildet. Jean-Jacques Rousseau (1712 – 1778) hatte die entstandene Entfremdung von der Natur beklagt und den Menschen zur Rückkehr aufgefordert, um sich seiner natürlichen Wurzeln zu besinnen. Selbst ein Teil der Schöpfung, sollte der Mensch sich wieder als Teil der Natur begreifen und deshalb für den Fortbestand ihrer Vielfalt Sorge tragen. Solche Ideen waren es, die in romantischen Landschaftsgärten und -parks prominent ihren Niederschlag fanden. Orientierung bezieht sich in seinem ursprünglichen Wortsinn synonym auf die Himmelsrichtung Osten und den Morgen. Die Sonne setzt von Osten das Tagwerk in Gang bis sie im Westen untergeht. Das heißt, wer sich nach der Sonne richtet, wer sich orientiert, dem steht der Tag zur Verfügung. Der lateinische Stamm von ORIENT beziehungsweise ORIENTIERUNG, das Wort ORIRI, bedeutet entstehen, geboren werden, aber auch zum Beginn der Dinge zurückkehren. In dieser Hinsicht enthält das Wort eine Quelle, deren Bedeutung im heutigen Sprachgebrauch weitgehend versiegt ist, aber auf welche wir uns bezüglich unseres aktuellen Gegenstands von Orientierung, auf die Landschaft, im Sinne von Rousseaus durchaus auch außerhalb von Parks besinnen können.

Das Projekt ORIENTIERUNGSRAUM LANDSCHAFT bezieht sich auf die geografische Region des Höhenzugs Huy und wendet sich speziell ausgewählten Orten und Situationen sowie Personen- und Sachzeugnissen aus Geschichte und Natur zu. Dabei geht es nicht eigentlich um die Herausstellung dieser Dinge, sondern darum, den sich allerorts aktuell vollziehenden strukturellen und sozialen Wandel unserer Landschaft in den Zusammenhang bewusster Auseinandersetzung mit den bereits bestehenden historischen, kulturellen und natürlichen Gegebenheiten und Besonderheiten einer Region zu stellen. Das Projekt will die Landschaft nicht mit weiteren Neuigkeiten ausstatten, es will die gewachsene Charakteristik unterstützen und wenn möglich, mit künstlerischen Mitteln erhalten und kennzeichnen. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Aufgabe nicht darin besteht, Vielfalt zu schaffen, sondern Vielfalt sichtbar zu machen, d. h. die Koordinaten kultureller Orientierung, die den Landschaftsraum des Huy fassen, zu verdeutlichen.

„Geologische Meditation“ von Carl Vetter
„Geologische Meditation“
„Geologische Meditation“
Heinrich-Meutefin-Museum von Dietrich Oltmanns und Olaf Wegewitz
Heinrich-Meutefin-Museum von Dietrich Oltmanns und Olaf Wegewitz
Heinrich-Meutefin-Museum von Dietrich Oltmanns und Olaf Wegewitz
„Obsttbaukultur“ von Sabrina Hohmann
„Obsttbaukultur“ von Sabrina Hohmann
„Obsttbaukultur“ von Sabrina Hohmann


Die Idee Künstler-Museum
Das Künstler-Museum soll im gesamten Gebiet durch Kunstwerke existieren, die kabinettartig oder als plastische Skulptur einen geistigen Bezug zur erlebten Umwelt anregen. Das Museum ist als Musenort und als Ort der Muse zu verstehen, ein Ort, der auch permanenter Änderung unterworfen ist. Aus einer anfänglichen Grundstruktur, welche sich einigen Hauptthemen, wie Geologie, Botanik und Geisteskultur, materieller Kultur und religiösen Auffassungen widmet, soll sich ein komplexes Gebilde entwickeln, in dem sich die Veränderungen eines geografischen Raumes niederschlagen. Viele der vorgeschlagenen Orte für dieses Projekt, zumeist kleine Wirtschaftsgebäude innerhalb von Ortslagen, haben ihre Aufgabe und den Zusammenhang, in dem sie standen, im Strukturwandel der letzten Jahre verloren. Anderen kulturellen oder natürlichen Besonderheiten wurde ihre selbstverständliche, nicht wahrgenommene Anwesenheit zum Problem. Angesichts der deutlich sichtbaren Neuerungen und Überformungen in der Gegenwart verblassten sie im Gedächtnis der Region und gerieten in Vergessenheit. Für manche fristen diese Orte mittlerweile ein entbehrliches Dasein, denn mit fehlender Funktion und Aufmerksamkeit schwand auch die Verantwortung von Anwohnern oder Besitzern. Die Kunst hat sich im 20. Jahrhundert überwiegend in Museen, Galerien oder auch Parks zurückgezogen. Die Gestaltung der Lebenswelt haben Künstler nur noch selten zu ihrem Anliegen gemacht. Auf diese Art und Weise sind wichtige Argumente für künstlerische Wirkungsmöglichkeiten im Rahmen des Gemeinwesens verloren gegangen. Heute werden Aufgaben zur Gestaltung von Bauwerken, Straßen, Städten, Dörfern, die Gestaltung unserer Landschaft, oft allein von technologischen und ökonomischen Kriterien diktiert. Es geht bei diesen öffentlichen Gestaltungsaufgaben allein um praktische Zweckerfüllung und nicht mehr um die möglichen Auswirkungen von Gestaltung und Veränderung auf Geist und Seele der Menschen. Nicht zuletzt deshalb erscheinen uns viele Neuerungen anonym, auswechselbar und eben orientierungslos. Wenn das Projekt den Versuch startet, einigen charakteristischen Orten und Besonderheiten, aber auch vergessenen Persönlichkeiten, Ereignissen oder speziellen Naturphänomenen in der Region mit den Gestaltungsmitteln von Kunst die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken, um sie wieder ins Bewusstsein und in den Zusammenhang der Landschaft zu bringen, dann geschieht das an einem Punkt, wo die fragende Leere der verlorenen Aufgabe für diese Orte sie dafür freistellt.

Das Gebäude des Kunstvereins ist Ausgangspunkt der Kunst- und Naturwanderungen im Huygebiet. Hier werden Informationen über Stationen und Wege durch Kunstausstellungen, das Künstler-Museum und die Landschaft erhältlich sein. (aus dem Konzept zum Projekt, 2004)

Im oberen Kellergeschoss ist das Künstler-Museum GEOLOGISCHE MEDITATION entstanden. Es ist die Grundlage daür, sich später in der Landschaft zu orientieren. Die Ideen zur Realisation wurden jeweils durch einen Ideenfindungswettbewerb vorbereitet. Zu dem Wettbewerb wurden Künstler eingeladen, welche Erfahrung haben, solche Aufgaben umzusetzen.

Das HEINRICH-MEUTEFIN-MUSEUM in Huy-Neinstedt gibt Auskunft über die reiche Flora der Huylandschaft. Der Schuhmacher Heinrich Meutefin, 1745 in Dingelstedt geboren, starb 1816 in Huy Neinstedt. Er vertrieb bis zu seinem Lebensende im Huy gesammelte Kräuter, zu denen er den Kräutern gewidmete Gedichte legte. Diese Tatsache ist Anlass, der Flora des Huy und deren Kennern ein Kunstwerk zu schaffen.

Das Künstler-Museum OBSTBAUKULTUR im unteren Kellergeschoß des Kunstvereins Röderhof wird inspiriert vom Gedanken an die menschliche Kulturleistung des Anbaus und der Züchtung von Obstgehölzen. Röderhof und seine Umgebung ist für diesen Gedanken mit seinen noch vorhandenen reichen Obstbeständen der ideale Standort.

ORIENTIERUNGSRAUM LANDSCHAFT soll ein Angebot sein, welches der Kunstverein leistet, die Huyregion für ortsfremde und einheimische Menschen als Kultur- und Naturlandschaft zu erfahren. Über den Zeitraum von drei Jahren hinweg war ein Volumen an Informationen, materiellen Objekten und Publikationen zu bilden, welches aufbauend auf dem längst Vorhandenen, gegenwärtiges und zukünftiges Leben in dieser Gegend transparent werden lässt.

Beteiligte Partner:
LEADER+, Kunstverein Röderhof e.V.
Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt

Finanzierung:
Eigenmittel: 15.000 Euro
Co-Finanzierung durch Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt: 10.000 Euro
EAGFL/A-Fonds: 75.000 Euro
Gesamt: 100.000 Euro